Wie es zum Spinnereibau kam

Zur gleichen Zeit, als Cormeau seine Torfgründe an Merkel u. Co. verkaufte, kaufte der Rosenheimer Steinmetzmeister Willibald Schmied neben Merkel Torfgründe sowie Mangfallgründe auf, um sie dann gleich wieder an Theodor Graf von Lodron-München und Baron Greiner aus Regensburg zu verkaufen, die hier auf eigenem Grund und Boden der Jagd nachgehen wollten.
Laut einer Notiz im Gemeindearchiv von Mietraching aus dem Jahre 1861 betrug der von den beiden Herren versteuerte Grundbesitz 248 Tagwerk 6 Dezimal, zu dem man noch den vom Grafen von Lodron an die Aktiengesellschaft Baumwollspinnerei Kolbermoor von 125 – 130 Tagwerk für den Spinnereibau verkauften Grund dazurechnen muss, um sich von dem Grundkauf von 1859 ein Bild machen zu können.

Graf Theodor von Lodron machte – wann, lässt sich nicht feststellen – im Jahre 1860 den Ingenieur Theodor Hassler von der Maschinenfabrik L. A. Riedinger in Augsburg auf die Wasserkraft der Mangfall aufmerksam. Hassler kam nach Kolbermoor und sah sich die Mangfall an, vermaß sie und errechnete eine effektive Nutzkraft von ständig 1200 PS. Er, der schon mehrere große deutsche Spinnereien eingerichtet hatte, beschloss, hier in Kolbermoor eine Spinnerei zu erbauen, da noch viele günstige Umstände hierfür neben der Wasserkraft vorhanden waren. So die Bahn, der Torf, das nahe Österreich und der Mangel an Spinnereien in Süddeutschland, der die süddeutschen Webereien zwang, ihren Garnbedarf für teures Geld aus England zu decken.

Hassler hatte vor, die Spinnerei oben bei der Ghersburg, wo die Mangfall damals ziemlich gerade verlief, erstehen zu lassen, musste aber dann über drei Kilometer weiter östlicher gehen, weil der hochlöbliche Magistrat des nun schon seit 1844 bestehenden Moorbades Aibling wegen seiner Kurgäste keinen Fabriklärm und Zuzug von Arbeitern haben wollte. Nach Augsburg zurück gekehrt, machte sich Hassler sofort ans Planen und Rechnen, sah sich nach Finanzleuten um und legte diesen, nachdem er sie in Augsburg und München gefunden hatte, einen fix und fertigen Plan zu einer großen Spinnerei vor. Einer dieser Finanzleute, Regierungsbaumeister Rulandl wurde beauftragt, eine neuerliche Vermessung der Mangfall vorzunehmen, die im Herbst 1860 stattfand. Im November fand dann in München die Gründung der Aktiengesellschaft Baumwollspinnerei Kolbermoor statt. Unter den Aktionären, es waren 1.131.000 Gulden gezeichnet worden, befand sich auch Graf Lodron, der für den Fabrikbau 125 – 130 Tagwerk Grund für 93.000 Gulden verkaufte, ein Bombengeschäft, wenn man bedenkt, dass man zur damaligen Zeit das Tagwerk Torfgrund und Mangfallgrund für einen Papenstiel haben konnte. Die Bauern benützten die Filze zumeist nur als Streumahd. Manche Bauern gaben das Tagwerk um den Preis der darauf lastenden Grundsteuer, ja sogar für ein Faßl Bier her.

Die Herrichtung des Baugrundes, der Bau sowie die Regulierung der Mangfall und der Kanalbau wurde der Firma Del Bondio für 500.000 Gulden übertragen. Auch Del Bondio gehörte zu den Aktionären. Nach einer neuerlichen Generalversammlung im Dezember 1860 wurde der Bau der Fabrik für Frühjahr 1861 beschlossen und für dieselbe Zeit Ingenieur Hassler nach England geschickt, um sich dort in den größten Spinnereien etwas umzusehen. Heute nennt man das Industriespionage. Damals fand daran kein Mensch etwas auszusetzen. Im Gegenteil, man war stolz, anderen technische Fortschritte zeigen zu können.

Quelle: Chronik von Herrn Otto Kalhammer