Mit der Spitzederin Glück gehabt

- Über die Entstehung von Straßennamen in der Stadt Kolbermoor -

Straßenbezeichnungen und Hausnummern gibt es in Kolbermoor erst seit den Jahren 1882/1883. Damals wurden die Hausbesitzer aufgerufen, sich bei der Gemeindeverwaltung an einem bestimmten Tag die Straßenschilder und Haustafeln abzuholen. Straßen und Dorfwege vor dieser Zeit wurden von den Alt-Kolbermoorern aufs Geratewohl bezeichnet. So auch die heutige Glückstraße, die damals „Spitzeder- Gaßl" hieß. Da wohnten nämlich drei Kolbermoorer, die bei der „Dachauer Bank" der Adele Spitzeder in München ihr Geld angelegt hatten. „Der hohen Zinsen wegen", sagten sie.

Anno 1886 ist die Spitzederin gestorben. Sie war eine aus Wien stammende Schauspielerin, eine Tragödin, die nicht viel Erfolg hatte und schließlich, um aus ihren Verbindungen möglichst viel Kapital herauszuschlagen, eine Bank aufmachte. Sie versprach ihren Kunden hohe Zinsen und hielt zum Teil auch ihre Zusagen. Es gab viele, die ihr glaubten und ihr ganzes Geld zur „Dachauer Bank" brachten, so dass dort eine Geldschwemme entstand, der auch Adele Spitzeder nicht mehr Herr zu werden vermochte. Das führte nach einiger Zeit zum Zusammenbruch der Bank, Aufzeichnungen über die Einlagen waren nicht geführt worden. Das Geld vieler Einleger war verloren.

Unter den Kolbermoorern, die ihr Geld der „Dachauer Bank" anvertraut hatten, war auch Susanne W. Sie hatte in der damaligen Preßtorffabrik Merkel und Cie. einen Unfall erlitten und ihre Abfindung bei der Spitzederin angelegt. Als sie aber erfuhr, dass es bei ihrer Bank bergab gehe, zog sie ihr Geld wieder ab. Sie erhielt es auf Heller und Pfennig zurück. Mit dem Geld erwarb sie das „Schrankhäuschen" in der heutigen Glückstraße 5.

Auch zwei andere Kolbermoorer Bürger, die ihr Geld bei der Spitzederin angelegt hatten und von Susanne W. gewarnt worden waren, erhielten ihr Geld zurück. Einige Tage später war in den Zeitungen zu lesen, dass die Adele „pleite" gemacht habe. Die Freude bei den drei Kolbermoorern, die noch fünf Minuten vor 12 Uhr zu ihrem Geld gekommen waren, war übergroß. Seitdem gibt es in Kolbermoor die Glückstraße.