Glas schmolz wie Schnee in der Sonne
Die Stadt Kolbermoor ist im Laufe ihrer Geschichte von Bränden nicht verschont geblieben. Kaum war das neue Gemeinwesen 1863 aus der Taufe gehoben worden, brach auch schon das erste Feuer aus.
Es war am 31. Oktober 1865, als zum ersten Mal Alarm gegeben wurde: Im Batteurhaus der Spinnerei waren Dachstuhl und Mischraum in Brand geraten, in dem die dort zur Verarbeitung aufgestapelten Wollpartien dem Feuer zum Opfer fielen.
Im „Rosenheimer Anzeiger" erschien kurz nach dem Brand ein Inserat, in dem es hieß:
„Danksagung all denen, die uns bei diesem Brandunglück so schnelle und wirksame Hilfe geleistet haben, besonders den hochverehrten königlichen Behörden in Rosenheim, Bad Aibling und Kolbermoor, den hochlöblichen Magistraten, den verehrlichen Feuerwehren, den Arbeitern benachbarter Fabriken und den Einwohnern genannter Orte, die sich mit aller Aufopferung und Hingebung unserer bedenklichen Lage angenommen haben.
Baumwollspinnerei Kolbermoor".
Die Freiwillige Feuerwehr von Rosenheim erhielt von der Spinnerei für die bei diesem Brand geleistete nachbarliche Hilfe 100 Gulden.
Diesem Brand, der noch glimpflich ausging, folgte 1870 der zweite. In der Nacht zum 9. März brannte das damals florierende Torfwerk Merkel & Co. ab. Die 1867 als Folge des Brandes von 1865 gegründete Spinnerei-Feuerwehr hatte an diesem Tage ihre
„Feuertaufe". Doch gelang es ihr trotz Mithilfe benachbarter Wehren nicht, des Feuers Herr zu werden. Binnen weniger Stunden sank die ganze Preßtorffabrik in Schutt und Asche.
Der nächste Brand – am 22. Juli 1887 – erfasste nach einem schweren Gewitter mit Hagelschlag das Wirtschaftsgebäude des Pullacher Schlosses. Durch einen verirrten Blitz wurde der größte landwirtschaftliche Betrieb Kolbermoors in Sekundenschnelle ein Raub der Flammen. Er brannte bis auf die Grundmauern ab. Das Vieh, die Fahrzeuge und Ackergeräte konnten dank der tatkräftigen Hilfe der Bevölkerung noch in letzter Minute gerettet werden.
Ein ähnliches Schicksal traf das an der Stelle des inzwischen in Konkurs geratenen Torfwerkes Merkel erbaute Tonwerk. Es brannte am 06. Mai 1875 ab. Das Feuer war durch unvorsichtiges Hantieren mit Teer ausgebrochen, breitete sich, begünstigt vom Wind, schnell aus. 20 Feuerwehren versuchten vergeblich, es einzudämmen. Spinnerei – und Ortsfeuerwehr waren pausenlos im Einsatz, um die benachbarten Häuser zu schützen. Sie mussten dem Funkenflug wehren, der das Meisterhaus an der Haßlerstraße und den Bahnhof mehrmals gefährdete.
Die Wasserzufuhr kam aus Hydranten der Spinnerei und aus der Mangfall. Die Schläuche mussten, um den Zugverkehr nicht zu behindern, unter den Schienen verlegt werden. Als
um 15 Uhr der Brand lokalisiert werden konnte, standen vom Tonwerk nur mehr die Grundmauern. Es musste ganz neu aufgebaut werden.
Nach dem größten Brand in Kolbermoor, bei dem 1898 wieder die Spinnerei das Opfer war, suchten ähnliche Katastrophen die Gemeinde heim. 1904 brannte es im Tonwerk
zum zweiten Mal, 1913 war ganz Kolbermoor auf den Beinen, um mitzuhelfen, das Großfeuer im damaligen Tonwerk in Mitterhart zu löschen, in dem viele Einwohner Arbeit und Brot gefunden hatten. Doch jede Hilfe kam zu spät, das Werk wurde völlig vernichtet und nicht wieder aufgebaut (Bild links: Brand in der Spinnerei 1898 „Der Anblick der Brandruine vom Platz zwischen den beiden Brücken")
Im „Rosenheimer Anzeiger" war dazu zu lesen: „Die Maschinen krachten mit Donnergetöse in die Tiefe, schwingende, glühende Balken nahmen den gleichen Weg, glühende Eisenträger krümmten und kräuselten sich, ehe auch sie zu Boden gingen. Stürzende Mauern folgten. Und bei jedem polternden Sturz stob ein grandioses Funkenmeer gegen den rotleuchtenden Himmel. Von den der Glut ausgesetzten Fenstern schmolz das Glas wie Schnee in der Sonne".
Ein weiteres Großfeuer traf Kolbermoor am 20. Juni 1928. Und wieder war es das Tonwerk, das daran glauben musste. Um 14.30 Uhr schreckten Glockengeläute und Signalhörneralarm die Kolbermoorer aus ihrer beschaulichen Ruhe. Diesmal war der Dachstuhl in höchster Gefahr. 120 Meter über dem Ringofen standen in Flammen, die von einem heftigen Westwind immer stärker entfacht wurden. Außer den Kolbermoorer Wehren hatten sich zahlreiche aus der Nachbarschaft am Brandplatz eingefunden (Bild rechts: Brand im Tonwerk 1928).
Doch behinderte das Fehlen von Wasser und Schläuchen die Löscharbeiten. Erst als in letzter Minute die Münchner Berufsfeuerwehr mit zwei Löschzügen angebraust kam, wendete sich das Blatt. In knapp zehn Minuten legte sie zwei Schlauchleitungen zum Mangfallkanal und brachte mit ihrem fachmännischen Können das Feuer unter Kontrolle. In Kolbermoor brannte es seither noch mehrmals. Doch gelang es der örtlichen Wehr, unterstützt von der Wehr aus Pullach und den Werksfeuerwehren, die Stadt vor einer größeren Katastrophe zu bewahren.