Der Loamsee

Hinter dem Kolbermoorer Tonwerk gab es einst einen kleinen See, umrahmt von viel Gebüsch und Schilf, den der Volksmund den „Loamsee“ nannte, weil das Gewässer nicht ganz sauber, sondern ein wenig „loamig“ war. Viele Balken trieben darin herum und auf den Hölzern saßen manchmal Frösche. Auch einen ausgelaugten Torfbrocken sah man ab und zu auf den leisen Wellen schaukeln.

Leute, die auf peinlichste Sauberkeit bedacht waren, wollten in ihm nicht baden. „Do kommst ja dreckata außa aus`m G`wasch, ois wiast einigehst“ behaupteten sie. Und die Weiberleut fürchteten sich schrecklich vor den großen Fröschen, die sich, wie sie sagten, „gar zu gruslig und eiskalt“ anfühlten. Andere wieder glaubten dem Gerücht, dass im SeeWasserschlangen ihr Unwesen trieben.

 Es gab aber genug Einwohner von Kolbermoor, die anders dachten und denen der Aberglaube nichts anhaben konnte: Sie stellten sich mutig auf die selbstgefertigten Sprungbretter und mit einem „Hupferer“ waren sie in den kühlenden braunen Fluten, in denen sie sich „sauwohl“ fühlten. Sie hatten es sicherlich nicht schlecht erraten. Denn, ohne dass sie es wussten, war dieses „unsaubere“ Bad für sie eine gute Kur. Der von anderen oft so verachtete „Loamdreck“ hatte eine reinigende und heilende Wirkung auf den Körper. Auch heute werden „Moorbäder“ von Ärzten gern bei rheumatischen Beschwerden als besonders wirksam verschrieben.

So wurde der „Loamsee“ ein echtes großes „Badwanndl“ für die Kolbermoorer. Vor allem war er doch der wasserreiche Tummelplatz für Kolbermoors Jugend. Zogen auch die Erwachsenen den Mangfallkanal, die untere Schleuse der Mangfall, den Bernrieder- Weiher in Grubholz und später das städtische Schwimmbad zum Abkühlen vor, so blieb Kolbermoors Jugend lange dem „Loamsee“ treu.

Mit Erfindersinn hatten die Kinder ein „Badwanndl“ in den Boden „neigrutscht“ und so eine sanft geneigte Rinne geschaffen, die unten im Wasser endete. Auf allen vieren krochen sie auf das obere Ende ihrer „Loamrutschen“, weil die nassen Füsse auf dem glitschigen, graugrünen Boden keinen Halt fanden. „Schaugts her, iatz saus ma obi“ riefen die kühnen Land- und Wasserrutscher. Und schon ging`s mit Geschrei hinunter in die lehmigen Fluten, so dass es eine geraume Zeit dauerte, bis sie, vom Lehm ganz bedeckt, als „Loammanndln“ wieder auftauchten.

Ein tragisches Unglück, das ganz Kolbermoor erschütterte, mag wohl dazu beigetragen haben, dass der noch vor 30 Jahren als Badegelegenheit beliebte „Loamsee“ zugeschüttet wurde. Er verschwand so wie der Bernrieder-Weiher in Grubholz, der vom Freischwimmbad mit Kabinen und Kahnbetrieb zum Eisreservoir der Auerbrauerei Rosenheim degradiert wurde.